www.uni-frankfurt.de/~tiemann: Änderungsstand 13.09.2003,31.3.2004
Rainer Tiemann
Methodologie
Fachbereich Gesellschaftswissenschaften (FB03)
Universität Frankfurt am Main (JWGU)
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Grundkurs Methoden empirischer Sozialforschung (GM2), WS 2003/04:

Nachtrag einer Art Grundsatzerklärung zur Kursmitte

Anläßlich eines als vom Veranstalter als "Soziodrama" charakterisierten Verlaufs eines Mittwochvormittags (26.11.2003), zu dem er in Form eines Gedächtnisprotokolls sich u.a. notiert hat:

Versuch der Klärung [der Aufgabe 1a in Übung u05] wie man zusammenfassend mündliches bzw schriftliches Verhalten bezeichnen könnte. Ich weise darauf hin, daß der "Joker-Begriff" 'soziales Verhalten' sicherlich nicht falsch, hier aber dennoch unangebracht sei; man benötige einen stärker eingrenzenden Begriff, der dennoch zusammenfasse, was man 'mündlich' oder auch 'schriftlich' formulieren könne. Nur 4 von 134 Übungsteilnehmern hatten ihn erkannt. Es entspannt sich den ganzen Vormittag über ein ziemlicher Frust, da ich nicht bereit bin, das "richtige Wort" [wie man es von mir fordert] dafür zu nennen. [...] Ich stelle in den Raum: Was ist wichtiger - Fragen oder Antworten? Man will hier konkrete Antworten haben - ich aber frage, die Antworten sollen aus dem Kreis der Teilnehmer kommen (vgl "Sokratische Methode"). Ich extemporiere: Wer stets Antworten parat hat, sperrt das Nachfragen - Nachdenken - aus. Dogmatiker, Ideologen haben stets die richtigen Antworten, aber scheuen sich vor den Fragen. Ohne Fragen kein Fortschritt. Ideologisch stark gebundene Gesellschaften, die die Welt so ziemlich in jeder Hinsicht erklären können, tun sich schwer, sich weiterzuentwickeln; sie geraten ins Hintertreffen. Antworten ist bisweilen einfacher als Fragenstellen (vgl Fragen an Politiker in einschlägigen Fernsehsendungen).

Der Mittwoch danach (3.12.) war nicht so viel anders. Im Gedächtnisprotokoll des Veranstalters findet sich dazu:

Extemporieren anhand des von einer anderen Veranstaltung übergebliebenen Tafelbildes ("historischer Kontext, Schule als Vergesellschaftung, Re-Education"); Interpretation diverser Situationen im Veranstaltungsraum. Aufforderung zum Nachdenken, Nachfragen. Fragen zu Arbeitsmaterialien m05 - keine. Fragen zu Übung u06 - keine. Frage nach Zigaretten/Kaffee pause - keine Reaktion. Hinweis meinerseits auf universitäre soziale Wirklichkeit vor fast 40 Jahren: "Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren". Die Studis hätten die Proffs damals als "Qualle" bezeichnet, die [deren Reaktion] nicht zu fassen sei. Heute, hier, sei das offenbar eher umgekehrt. - Manche der Anwesenden verstehen es. Stimulus meinerseits an die Teilnehmer; aber auch die Teilnehmer ihrerseits üben auf mich Anregung aus, gegebenenfalls hier durch "Nicht-Verhalten". Erwähnung der Stimulusorientiertheit von Beobachtung, Inhaltsanalyse bzw Befragung. Per Befragung könne man letztlich alles erreichen, auch daß man endlich einer Zigaretten/Kaffeepause zustimmt. Irgendeiner hat's dann endlich doch kapiert und nach ständigen Wiederholen, Nachfragen "ja" gesagt. Pause dann ab 10:10. Bis etwa 11 Uhr; man wartet, daß ich wieder zur Arbeit rufe; einzelne (2) sprechen mich an deswegen; ich verweise darauf, daß man auch selbständig zur Arbeitsgruppenbildung übergehen könne. Frust, beiderseits.


Der Veranstalter wollte aber nicht unbedingt den Kurs in den Sand setzen, hat sich Gedanken gemacht, diese übers Wochenende formuliert für die nächsten anstehenden Arbeitsmaterialien (m07 am 10.12.2003). Sie wurde zu umfangreich. So hat er statt dessen dort nur dieses eingerückt:

Grundsätzliches:
Nach dem Mittwochsevent vom 3.12. ist der Veranstalter in sich gegangen, hat nachgedacht, und hat sich etwa 4 Seiten Grundsätzliches zur Situation des Kurses von der Seele geschrieben. Am Montag darauf ging es ihm dann wieder etwas besser, was man auch daran gemerkt haben mag, wie er, ganz ungewohnt unwirsch, auf telefonierendes und sonstwie unter sich kommunizierendes Teilnehmerverhalten reagiert hat, was freilich die betreffenden Teilnehmer nicht weiter gestört hat, die betroffenen wohl schon. Inzwischen, geläutert, zieht er es vor, diese Grundsatzgedanken eher auf den Abschlußbericht zum Kurs zu verschieben, sofern in der Zwischenzeit nicht doch noch etwas diesbezüglich Gravierendes sich ereignen sollte. Dieser Verzicht zu diesem Zeitpunkt ermöglicht immerhin eine Fortführung, wenn auch punktuell etwas reduziert, der bisherigen Mittwochsarbeitsmaterialien.

Zu Angebot und Nachfrage(*) in Veranstaltungen universitärer Bildung

(* Hat es das überhaupt gegeben - im wörtlichen Sinne - nach dem bisher hier geäußerten?
Ansonsten beruht der für die Arbeitsmaterialien m07 vorgesehene Text auf dem Stand des Kurses Anfang Dezember 2003.)


Es geht um die Art - nicht die Menge von Angebot und Nachfrage. Da die Verfahrensbreite, Stoff in Universitätsveranstaltungen anzubieten, weitaus größer ist als in der Schule, stellt sich dieses Problem hier viel stärker als dort. An der Schule sind durch vorgeschriebene Rahmenpläne und vorgegebene Lehrbücher der Vielfalt in der Art der Stoffvermittlung viel engere Grenzen gesetzt als an der Universität.
An der Universität gibt es derartige Vorschriften glücklicherweise in Fächern wie der Medizin; in den Geisteswissenschaften aber, damit auch den Sozialwissenschaften, kaum. Bisweilen entscheiden auch rein formale Eigenheiten wie Anfangsbuchstaben des Nachnamens oder Anmeldezeitpunkt zu einem Kurs, ob man das eine oder das andere lernt, bzw wie man es lernt. Um den gleichen Stoff im weitesten Sinne handelt es sich wohl, nur derselbe ist es recht selten.
Glücklicher scheint es, wenn man sich den Kurs selbst aussuchen kann - im Rahmen der Randbedingungen des Angebots. Manchmal scheint man gezwungen, ein Angebot annehmen zu müssen, auch wenn es nach Kenntnis der Beschreibung im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis einem eigentlich so sehr nicht paßt. Manchmal hat man diese Beschreibung sowieso nicht recht zur Kenntnis genommen; oder sie nicht ernst genommen; oder man ist sich einfach nicht so recht im klaren darüber gewesen, was sie bedeutet.
Der Veranstalter hätte es - noch - deutlicher ausdrücken müssen? Aber es gibt sehr wohl Teilnehmer in Kursen, die ganz bewußt und ganz gezielt in einen Kurs gehen, auch wenn die Randbedingungen widrig sind. Jedoch sind auch sie in ähnlichem Ausmaß, wenn auch eher in Art von Enttäuschung als die anderen in der Art von Frust ausgesetzt, wenn die Art der Veranstaltung, des Darstellens von Stoff - seiner gemeinsamen Erarbeitung durch Veranstalter und Teilnehmer hier in diesem Kurs - nicht so funktioniert wie gehofft, wie gedacht.

Die Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage bezüglich Vorgehensweise des Veranstalters und Erwartungen der Teilnehmer ist nur im Idealfall sehr kleiner Gruppen deckungsgleich; Modell A.

Je größer die Gruppen werden, umso größer die Wahrscheinlichkeit, daß Angebot und Nachfrage (Vorgehensweise und Erwartung) auseinanderklaffen. Bei über 200 ursprünglichen Kursinteressenten muß dies allein schon mengenmäßig dazu führen, daß etliche abspringen. Eine Konstellation derart, daß Angebot und Nachfrage sich überhaupt nicht decken, kann nur bei organisatorisch verordneter Kursteilnahme sich ergeben; Modell B.
Aber weder das eine noch das andere war hier der Fall.

Dieser Kurs beruht auf offenem Zugang für alle, die sich für ihn und seine Art der Durchführung interessieren. So ist auf jeden Fall zu erwarten, und es ist sicherlich auch tatsächlich so, daß es sehr wohl eine Überschneidung in der Art der Vorgehensweise des Veranstalters und den - gegebenenfalls auch erst im Laufe des Kurses erworbenen - Erwartungen der Teilnehmer gibt; Modell C.

Um Erwartung und Wirklichkeit herum gibt es eine Grauzone derer, die langsam, manche auch durchaus schnell, entdecken, daß, so wie der Kurs ist, er wohl doch nichts für sie ist. Andererseits gibt es dort auch diejenigen, die sich langsam, obgleich zunächst skeptisch, für die Vorgehensweise des Kurses erwärmen, da sie mit der Zeit mehr und mehr verstehen, wie er funktioniert und wie er wohin hinaus will.

Hier geht es nicht darum, unbedingt Modell A verwirklichen zu müssen. Der Veranstalter hätte sonst alsbald seinen gesprächsorientiert gedachten Kurs in eine tatsächliche Vorlesung, mit Mikrofon und schlechten Lautsprechern, in einen Hörsaal (am liebsten in eins der Auditoria Maxima, schon allein wegen der anstehenden Abschlußklausur) verlegen müssen; vermutlich irgend wann abends ab 18 Uhr, bis 21 Uhr dann, weil zu den üblichen Veranstaltungszeiten die Konkurrenz anderer Fachbereiche einfach stärker ist als der unsrige. Und nicht wegen der Termine wäre dann doch ein Teil der Interessenten enttäuscht gewesen(*).


(* Die andere Möglichkeit der Vorgehensweise, repressiv die Teilnehmerschaft auf diejenigen zu reduzieren, die zum Augenblick des Kursbeginns seinem Kurskonzept gegenüber aufgeschlossen und bereit zu offener Mitarbeit sind, kommt für den Veranstalter, da eher kontraproduktiv wirkend in jeder Hinsicht, nicht infrage. Mit Repression und Verordnungen schafft man keine freien, selbständig denkenden, verantwortungsbewußten Menschen; bisher wohl Ziel universitärer Bildung. Die traditionelle Freiheit des so ziemlich allgemein und kostenfrei zugänglichen deutschen Universitätssystems - so chaotisch es sein mag - ist so übel nicht. Aber andere Gesellschaftsentwürfe sind offenbar denkbar; die Konsequenzen daraus für freie, selbständig denkende, verantwortungsbewußte Menschen vielleicht auch.)


Es geht auch sicherlich nicht auf Dauer gut, Modell B anzustreben oder auch nur hinzunehmen, abgesehen davon, daß auch dies nur ein Modell und somit unrealistisch ist. Es gibt sie, die Teilnehmer, die Interesse an der Art von Kurs haben, wie ihn sich der Veranstalter vorstellt. - Aber was sollen sie machen gegen die vergleichsweise große Mehrheit. Als unterdrückt werden sie sich wohl nicht bezeichnen wollen, aber die Umstände sind eben so, daß wenn kaum die Stimme des Veranstalters durchdringt, und es ihm schwerfällt, Bemerkungen, die im Flüsterton gedacht sind und daraus ihre Bedeutung ziehen, so zu äußern, daß sie als Bühnengeflüster auch noch in die letzte Ecke des - für Lehrveranstaltungen - aber für was dann? - wohl kaum gedachten Raums erreichen. Beiträge aus den Reihen (typischerweise so, aber warum eigentlich nicht Kreisen?) der Teilnehmer sind da schon kaum, akustisch eher gar nicht vernehmbar.

Diese Erfahrungen haben wir auch in diesem Kurs schon machen müssen. Es ermuntert die Teilnehmer nicht sonderlich, sich zu äußern, wenn ihre Beiträge immer wieder vom Veranstalter nochmal lautstark wiederholt werden müssen und dann doch noch etliche, nicht nur im wörtlichen Sinne marginal situiert, es nicht mitbekommen.

Aber all diese Probleme haben keine Bedeutung in den kleinen Kreisen, die mittwochs von einigen als Arbeitsgruppen gebildet werden. Während an den Montagsübungen doch etwas mehr als die Hälfte der ursprünglich Kursinteressierten teilnehmen, sind es bei den Mittwochsarbeitsgruppen deutlich weniger als die Hälfte, und die Arbeit dieser Gruppen ist außerordentlich unterschiedlich. Manche haben - und auch das gehört sehr wohl zum Kurskonzept - sich von Montag bis Mittwoch nochmal mit der vorausgegangenen Übung vertraut gemacht und auch die in der Woche zuvor ausgegebenen Arbeitsmaterialien durchgearbeitet. Etliche hatten dazu offenbar weniger Zeit, manche noch nicht einmal, sich die Unterlagen zu besorgen. Das merkt der Testauswerter dann nur zu oft an der Art der Bearbeitung der nächsten Montagsübung und an der Art des Umgangs der verschiedenen Arbeitsgruppen mit den Mittwochsprojekten.

Der Veranstalter ist, wie der homo sociologicus sowieso, eine Person mit vielen Rollen. Neben, gegebenenfalls noch anderen, beobachtet er die soziale Wirklichkeit seines Kurses, multimedial gewissermaßen, durch fragen, lesen und gucken:

- Unsystematische - Beobachtung der sozialen Wirklichkeit:
Der Stapel der zurückgebliebenen Kopien der Montagsübungen ist stets größer als der Stapel nicht ausgegebener Originalübungsformulare. Der Verbrauch der mittwochs ausgegebenen Arbeitsmaterialien entspricht kaum der Menge am Vormittag noch zu den Arbeitsgruppen verbliebenen Teilnehmern.

Empirische, nur quantitativ betrachtende, Überprüfung anhand der Situation in Kurswoche 5 (Ende November):
Die Materialien m05 hatten am Mittwoch nicht produziert werden können, da die Kopierer der Fachbereichsdruckerei allesamt kaputt waren. Der Veranstalter weist darauf hin, daß die Unterlagen wohl Mittwochnachmittag, spätestens im Laufe des Donnerstagvormittag, im Sekretariat bereit liegen dürften. Tatsächlich stehen sie dann bereits am Mittwoch 16 Uhr zur Verfügung, an der Sekretariatstür zur allgemeinen Bedienung ausgehängt. Nach Eindruck des Veranstalters sind bis Montagmorgen dann nur kaum wahrnehmbare Mengen Papiere entnommen worden. Auf jeden Fall finden die am Montagvormittag in die Veranstaltung mitgebrachten Unterlagen der m05 dann reißenden Absatz. Gleiches gilt nach subjektivem Veranstaltereindruck für die Mittwoch mitgebrachten Kopien der u06 vom Montag.

Erklärungsidee und Hypothese:
Es gibt nach wie vor an die 200 Teilnehmer im Kurs, nur kommt die eine Hälfte so ziemlich ausschließlich montags, die andere ähnlich vorwiegend nur mittwochs. Dies als Arbeitshypothese kann ja mal untersucht werden. Zu erwarten freilich sein wird, daß es nicht ganz so modellartig schlimm kommt, und der Wechsel wohl nicht ganz die Hälfte, sondern nur weniger, vielleicht ein Viertel der Teilnehmer betrifft.

Hintergrund:
Im Stundenplan überschneidet sich unser Kurs mit anderen unbedingt zu besuchenden, möglicherweise auch wichtigeren (?), Veranstaltungen(*).


(* Mengenmäßig waren diese Überschneidungen nicht sonderlich bedeutsam. Siehe bagm04i, aus dem Leben der Forschung. Da werden wohl noch ganz andere Gründe mitgespielt haben, zur Variation des Anwesenheitsverhaltens beizutragen.)


Dies wäre auch daraus abzuleiten, daß etliche Teilnehmer erst um 10 Uhr kommen bzw schon um 10 Uhr wieder gehen. Daß man unter diesen Umständen geneigt ist, manchmal den Eindruck zu haben, am - so verkürzten Vormittag - nichts Rechts gelernt zu haben, läßt sich rein formal nachvollziehen.

Arbeitshypothese:
Kein ... besorgt sich die Kursunterlagen, wenn sie ihm nicht unmittelbar in die Hand gedrückt werden.

Empirische quantifizierende Überprüfung der Hypothese anhand der Experimentalsituation vom Mittwoch, Kurswoche 6 (Anfang Dezember), nicht als solche geplant, aber die Situation wird vom Forscher als solche genutzt: alles nur halb so wild?

Daher experimentelle Datenerhebung:
Der Veranstalter ändert gezielt die Randbedingungen der Ausgabe der Kursunterlagen: Die Arbeitsmaterialien m06 liegen nicht wie bisher üblich deutlich sichtbar auf dem Tisch. Er hält sie verborgen, läßt sich ansprechen und gibt - ohne zu zögern selbstverständlich - jedem persönlich auf Nachfrage, gegebenenfalls auch mehrere Exemplare, aus.

Analyse der Datenlage:
Von den 180 an diesem Mittwoch gedruckten Arbeitsmaterialien m06 waren bis zum Freitagnachmittag noch 100 im Sekretariat bzw an der Sekretariatstür vorhanden. An der Mittwochveranstaltung waren mindestens 102 Teilnehmer anwesend, d.h. soviele haben sich in Arbeitsgruppen dokumentiert. Offenbar gab es etliche, die keine Zeit mehr hatten, sich die Materialien abzuholen, gehetzt auf dem Sprung zur nächsten Lehrveranstaltung oder wohin auch immer, gegebenenfalls auch einfach zum Schluß des Vormittags auf der Flucht - wovor?

Bei der Übung u06 war es bereits ähnlich gewesen. 123 Teilnehmer hatten die Übung abgegeben. Weit mehr als die Differenz zu 180 waren am Montagnachmittag noch als Restbestand im Sekretariat übrig.

Bezüglich der Materialien m06 waren es also nur etwa 20 bis 30 der am Mittwoch anwesenden, die sich die m06 nicht abgeholt haben bis Freitagnachmittag; und somit auch nicht sonderlich präpariert für den darauf folgenden Montag vormittag gewesen sein dürften. Objektiv sind das gar nicht soviele, wie der Veranstalter subjektiv pessimistisch, die Arbeitsmoral der Kursteilnehmer verdächtigend, gedacht hatte. Aber zuviele sind es wohl doch.

Das sind natürlich alles nur sozialwissenschaftliche Betrachtungen. Sie betreffen die Beobachtungsgruppe als ganzes, nicht irgendein Individuum im einzelnen. Das Individuum kann sich gegebenenfalls ganz anders als die Gesamtheit verhalten, ein Meßfehler, ein Beobachtungsfehler gewissermaßen.

Nur der Veranstalter kann, muß, zwangsläufig als Individuum in seinem Verhalten beurteilt werden. Er wird Kompromisse eingehen. Aber er wird sich nicht selbst verleugnen. Das schuldet er auch denen, die gerade wegen seines Konzepts gekommen sind. Er legt Wert auf Minderheitenschutz, wohlwissend, daß es die Minderheiten sind, die die Gesamtheit durch Heterogenisierung bereichern. Aber da befindet er sich mit seinen Überlegungen schon wieder mitten drin im Methodenkurs, freilich möglicherweise wieder eher bei den Minderheiten, inmitten derer er sich meist ganz wohl fühlt.

Das sind nur einige Überlegungen und nur einige vermutete Gründe, warum es nicht so ganz leicht ist, in solchen Grundkursen den Bedürfnissen aller gerecht zu werden. Jeder Grund für sich erklärt nur einen meist sehr kleinen Teil der Probleme des Ganzen. Den Grund gibt es i.a. nicht, und es bleiben stets noch Gründe zu suchen, und i.a. findet man nicht alle, die die Probleme in ihrer Gesamtheit klären können. Es bleibt immer noch was übrig, zum forschen.

Und auch mit diesem Beitrag wird nicht das Verständnis aller erreicht werden können. Man muß bescheiden sein und sich damit begnügen, einen Teil zu erreichen. Aber wenn man wenigstens dem etwas hat geben können, dann freut man sich und fühlt man sich sehr wohl.

Ergänzung dazu in der 13.Kurswoche, Mittwoch 28.1.2004:
Der Veranstalter verweist auf die Anregungen der großen weiten Welt, gelesen am Tag zuvor in einem Interview des SPIEGEL (Online-UniSpiegel) mit einem ehemaligen, schon damals älteren, Kollegen aus gemeinsamer Arbeit von Studienplatzverteilungen, August-Wilhelm Scheer, Wirtschaftsinformatik Saarbrücken. Er zitiert daraus insbesondere das "Storytelling", sehr zur äußersten Belustigung der anwesenden Kursteilnehmer, nicht ganz überzeugt davon, daß diese auch den Sinn des tieferen Zusammenhangs mit seinem Kurs erspüren.

Ein paar zentrale Ausschnitte aus diesem Gespräch sind in bagm04i dokumentiert wie z.B.:

SPIEGEL: Wie schaffen Sie diese Atmosphäre?
SCHEER: Über Storytelling. Ich erzähle denen von meinem Leben [...]
SPIEGEL: Und die Studenten denken sich: Der Alte erzählt wieder Geschichten, und wir müssen am Ende Klausuren schreiben.
SCHEER: Die Inhalte der Vorlesungen haben wir für die Studenten im Internet aufbereitet. Die wissen, sie müssen nicht in meine Vorlesungen kommen. Die kommen wegen der Stories und wegen der Diskussion: reines Stoff-Vermitteln in einem Hörsaal ist doch anachronistisch.
SPIEGEL: Was muß also passieren, damit [...]

Anmerkung des Kursveranstalters dazu:
Lesen Sie in bagm04i, was die GM2-Klausurteilnehmer im WS 2003/04 post festum anläßlich der post-ultimativen Datenerhebung zum Kurs und diesem Thema geschrieben haben.

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